Ein Gespräch mit Annette Ciurea, Age Medical Zürich in PalliNews 7/2024

palliative.ch: Frau Dr. Ciurea, wie kamen Sie zur Palliative Care?
Annette Ciurea: Es war ein Weg in Etappen. In den 2000ern absolvierte ich den Palliative-Care-Basiskurs unter Steffen Eychmüller, aber erst nach dem Unfalltod meines Bruders 2016 wurde
mir die Endlichkeit des Lebens wirklich bewusst. Diese Erfahrung und meine Arbeit mit älteren Menschen vertieften mein Interesse an Palliative Care. Ich absolvierte meine Weiterbildung in der Palliativstation im Spital Männedorf. Für mich war das wie ein fehlendes Mosaiksteinchen – jetzt fühle ich mich als komplette Ärztin.

Was ist Ihre aktuelle Aufgabe?
Seit 2022 arbeite ich bei Age Medical, das von Sacha Beck und Michael Jäger gegründet wurde. Unsere Vision ist es, Alters- und Palliativmedizin dorthin zu bringen, wo sie gebraucht wird. Ich bin in verschiedenen Institutionen tätig, erbringe geriatrisch-palliativmedizinische Konsiliardienste und mache Demenzabklärungen in unserer zertifizierten Swiss Memory Clinic.

Der Kanton Zürich macht grosse Fortschritte in der Palliative Care. Wie sehen Sie das?
Es gibt viele Initiativen, auch durch palliative.ch. Die Corona-Pandemie hat die Wichtigkeit der Palliative Care verdeutlicht, besonders in Langzeiteinrichtungen. Allerdings gibt es regionale Unterschiede. Im Zürcher Oberland haben Andreas Weber und sein Team viel erreicht, aber das ist noch nicht überall der Fall.

Ist Palliative Care in den Pflegeheimen angekommen?
Das variiert stark. Einige Heime haben Nachholbedarf. Es gibt Institutionen mit vielen Hausärzten, was Standards erschwert. Wichtig ist die Stärkung der Allgemeinen Palliative Care und der
Beizug der Spezialisierten Palliative Care in komplexen Fällen. So können Menschen auch in Langzeitinstitutionen betreut werden, was viel Lebensqualität und Selbstbestimmung bringt.

Wo kann Palliative Care noch besser werden?
Besonders im Umgang mit Demenz. Die Stadieneinteilungen – Early Palliative Care, End of Life Care und Terminal Care – passen nicht gut zu Demenzerkrankungen. Angehörige müssen oft den mutmasslichen Willen der Betroffenen durchsetzen, was belastend sein kann. Eine frühzeitige Demenzabklärung ist wichtig, um die Betroffenen und ihre Angehörigen optimal zu unterstützen.

Glauben Sie, dass Demenz heilbar sein wird?
Nein, nicht in absehbarer Zeit. Neue Medikamente könnten den Verlauf verzögern, aber die umfassende Betreuung darf nicht in den Hintergrund treten.

Kann die Pflegekapazität mit der wachsenden Zahl an Demenzerkrankten mithalten?
Fortschritte in der digitalen Medizin und Konzepte wie «Hospital at home» könnten helfen. Wichtig ist, die Selbständigkeit älterer Menschen so lange wie möglich zu erhalten.

Wie ist die Akzeptanz von Palliative Care bei Hausärzten?
Ich denke, dass die jüngere Generation der Hausärztinnen und -ärzte den Mehrwert von Palliative Care erkennt und ihr auch bewusst ist, dass es vertiefteKenntnisse in der Betreuung
von älteren, polymorbiden Menschen braucht.

Was sollte Palliative Care aus der Corona-Pandemie lernen?
Man sollte immer darauf vorbereitet sein, dass sich gesundheitlich viel ändern kann. Palliative Care integriert die Endlichkeit des Lebens und hilft Menschen, über ihre Ziele zu sprechen.

Was wünschen Sie sich von der Palliative Care?
Dass sie den Schwung nutzt und sich stärker Menschen mit Demenz zuwendet. Ich möchte das gern unterstützen. Ein wunderbares Schlusswort!
Vielen Dank für das Gespräch!

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